So entdeckst du das Unbekannte - vor deiner Haustüre



Es sind immer die gleichen Straßen, eine endlose Aneinanderreihung von bekannten Fassaden, Ecken, Läden und Menschen. Irgendwann schaltet unsere bewusste Wahrnehmung ab und alles zieht nur noch an uns vorbei. Wo sind die Abenteuer hin? Ist das dieser Alltag von dem immer alle gesprochen haben? Wir bekommen Lust auszubrechen, alles über den Haufen zu schmeißen, wollen Kontraste, Farben und Neues, Fremdes und Aufregendes. Doch muss man dafür seinen Hausrat zusammenpacken und umziehen oder für einen Monat in den Urlaub fahren? Ich glaube nicht. Ich habe kürzlich nämlich einen Ausflug gemacht. In meine eigene Stadt und vieles entdeckt - nur keine Langeweile. Ein kleiner Bericht.
Es ist dieser eine Tag, der 11. September. An diesem Datum feiern mein bester Freund Jakob und ich nämlich unser Kennenlernen - das wissen wir deshalb so genau, weil sich da der Tag unserer Einschulung jährt - in diesem Jahr sogar schon zum 29. Mal. Ein Grund zu feiern ist es allemal und so wollten wir etwas Besonderes machen, doch was ist angemessen? Ein Ausflug an einen See, in die Berge oder lieber einen Erlebnisanbieter bemühen und irgendetwas Abgefahrenes machen? Alles gute Ideen, doch wir hatten einen anderen Plan: Wir wollten diese Stadt, die wir so gut kennen, für uns neu erleben. Es ist doch so, je älter wir werden, desto mehr festigt sich der Radius in dem wir uns bewegen, ähneln sich die Aktivitäten die wir tun. Dabei gibt es so viele Dinge, die wir noch nie gemacht haben - obwohl sie so nahe liegen. So formte sich der Plan: Wir wollten Dinge tun, die wir noch nie getan haben.
>>So hat man freies Sichtfeld um zu staunen<<
Wir mieteten ein Tretboot und fuhren auf dem Kleinhesseloher See im Englischen Garten, wir besuchten gleich mehrere Boutiquen namhafter Luxusdesigner, nicht um etwas zu kaufen - eher um einfach mal rein- und nicht immer nur vorbei zu gehen (im Übrigen ist das eine geniale Sozialstudie). Da wir Fotografen sind, durfte natürlich ein Edelkamerahersteller nicht fehlen - inklusive dem Ausprobieren neuer Kameras die wir vielleicht zwar nicht kaufen werden, die sich aber trotzdem wirklich toll in der Hand anfühlen. Wir aßen Kuchen und tranken Cappuccino in einem Café, in dem wir den Altersschnitt drastisch senkten, liehen uns Elektroroller, sahen uns im Kino den neuen Film von Quentin Tarantino an und kehrten mittags unter der Woche in einen Biergarten ein (ein Schelm, der jetzt einen Exzess vermutet!). Das Wichtigste für uns war daran: Der Tag war wie ein Geschenk. Wir schlenderten und staunten, probierten und quatschten - und das alles andere als "effektiv". Es war so erholsam, ohne Ziel und Eile diese Stunden zu verbringen. Es stimmt schon, dass uns eine Zielsetzung und Prozessoptimierung im Arbeitsleben weiterbringt doch für solche Tage gilt: Wer mal kein Ziel vor Augen hat, hat freies Sichtfeld um zu staunen.
Du kannst für dich all die Aktivitäten in etwas austauschen, das auf dich zutrifft. All diese Punkte sind nur Details, die Geschichte und deren Moral sind aber viel größer: Wir haben unsere Stadt völlig neu erlebt und der Zeit beim Vorbeifliegen zugewunken. Es war ein Tag mitten in der Woche an dem wir einfach mal die Pflichten beiseite geräumt haben - denn auch das trug zur besonderen Atmosphäre dieses Tages bei: Es tut gut, sich einen Grund zu geben, mal zu schwänzen. Wenn dann auch noch das Wetter so mitspielt wie bei uns, ist das das Tüpfelchen auf dem i. Garantiert gibt es viele Dinge, die du noch nie gemacht und immer verschoben oder einen besonderen Anlass dafür gesucht hast - es zu tun, ist Anlass genug! Wenn du mal abseits deiner Pfade gehst, wird auf jeden Fall passieren, was noch nie passiert ist. Es muss auch nicht immer ein ganzer Tag sein - eine Mittagspause kann Welten bewegen. Den schöneren statt den kürzeren Weg nach Hause zu nehmen ist eine kleine Reise. Zu streunen bedeutet, neue Ideen zu bekommen, neue Blickwinkel, neue Farben. Das klingt doch nach einem ganz schönen Abenteuer, oder?
>>Ein Blick lohnt sich<<
Doch was, wenn uns einfach nichts einfällt, was wir gerne tun würden? Nun, manchmal denken wir auch einfach zu kompliziert. Man kann seine Heimatstadt wie ein Tourist erleben - und das sprichwörtlich. Ein guter Tipp ist dafür die Website mit dazugehöriger App von "Airbnb" - die kennst du wahrscheinlich eher von Unterkünften für den Urlaub - doch hier gibt es auch Aktivitäten zu entdecken und das natürlich auch direkt vor deiner Haustüre. Diese sind manchmal sogar kostenlos oder sehr günstig - von Fotowalks durch ein schönes Viertel, ein Brezelbackkurs oder ein Workshop wie Isarglanz, an dem du deinen eigenen Trachtenschmuck basteln kannst. Darüber hinaus gibt es Angebote für Weinproben, gemeinsames Kochen, Sprachkurse und vieles mehr. Ein Blick lohnt sich! Ähnliche neue Abenteuer kannst du auch auf der Website von "Couchsurfing" finden - auch Facebook zeigt dir Events und neue Gruppen, ebenso kannst du auch einfach mal mit deinen Freunden sprechen, welche Abenteuer auf deren Bucketlist stehen. Die Möglichkeiten sind nicht begrenzt, was du dafür brauchst ist natürlich Mut, etwas Neues auszuprobieren und die Gemütlichkeit zu überwinden, die uns gerne - besonders im Herbst und Winter - abends nach der Arbeit befällt.
Es geht nicht nur um den ein oder anderen schönen Tag - seine Perspektive zu verändern schafft Offenheit und Spontaneität macht glücklich, weil wir aus dem Alltag ausbrechen können und entdecken, dass das Gute oft so nahe liegt. Und ganz ehrlich, so ein frischer Wind, der einem um die Nase pfeift und den inneren Schweinhund umpustet hat noch keinem geschadet. Für die Beziehung wird es ebenso belebend sein, wie für die Investition in sich selbst - das Leben besteht aus so viel mehr als dem Alltag, Arbeit und hochgelegten Füßen. Bleib in Bewegung, halt die Augen offen und staune Bauklötze, mit jedem Schritt über deine Türschwelle.