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Das M&B Magazin

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Warum wir den Alltag fotografieren sollten


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Freitagabend. Ich scrolle mich erst durch diverse Timelines verschiedener Apps und dann durch die Fotobibliothek meines Smartphones, um etwas Zerstreuung zu suchen. Ohne groß darüber nachzudenken, klicke ich auf die Schaltfläche, die mein Gerät Bilder aufrufen lässt, die irgendeine KI für relevant für mich hält. Man kann sogar einen kleinen Film darüber anschauen. Die Bilder, die ich sehe, sind über fünf Jahre alt. Ich sehe Menschen von damals und fragwürdige Modeentscheidungen und wundere mich darüber, wie groß meine Nichten geworden sind. Was mir da gar nicht bewusst ist: Zeitreisen sind also möglich und ich bin gerade zurückgereist, um einen Blick auf mein Leben in diesen Tagen zu werfen. Doch was ist dabei wirklich berührend? Die Menschen, klar. Doch auch ein Einblick in einen Alltag, den ich leider nicht oft genug dokumentiert habe.

Man sollte meinen, dass ich als Fotograf alles fotografierwürdig finde. Ich bin allerdings niemand, der immer und ständig Bilder knipst. Irgendwie balanciert sich mein Berufsleben durch mein privates Foto-Ich aus. Wenn ich also in den Urlaub fahre, komme ich nicht mit 1.000 Bildern zurück, sondern nur mit 150, aus denen ich auch die Aufnahmen lösche, die keine Menschen zeigen. Seltsam, aber ich scheine dabei etwas zu vergessen, was vielleicht auch du so nicht auf dem Schirm hast: Die alltäglichen Situationen werden eines Tages nicht mehr alltäglich sein. Erinnerungen an alte Wohnungen, Möbel, Autos und den Garten meiner Großeltern. Sie leben hauptsächlich und vor allem lückenhaft in meinem Kopf. Ich bin damals nicht auf die Idee gekommen, die alte Tanne vor dem Haus zu fotografieren - bis sie eines Tages einem Autostellplatz weichen musste.

>>Diese Fotos sind Schätze<<


Doch finde ich jetzt alte Aufnahmen meiner Eltern aus meiner Kindheit, dann staune ich darüber, wie die Welt meiner ersten Jahre des Lebens ausgesehen hat. Nicht nur Festivitäten, an denen man jetzt auch seine Kamera bemüht. Dinge, wie mein Kinderzimmer, meine Spielsachen. Diese Fotos sind Schätze, die mich auf eine ganz besondere Art anrühren. Ich sage es bei jedem meiner Fotoshootings: Ich will Bilder machen, die eines Tages unbezahlbar sind, von Menschen, die jetzt schon nicht glauben können, dass sie schön sind. Es sind nicht nur die Menschen - es ist der Alltag, der eines Tages eine ganz gewisse Magie ausstrahlen wird.

Was lerne ich für mich daraus? Ich will die Dinge einfangen, die ich jetzt kaum bemerke, weil sie immer um mich herum sind. Eines Tages werden sie es nicht mehr sein, weil alles sich verändert. Meine Großeltern sind schon lange tot, die meiner Freundin sind am Leben. Jetzt sage ich: Lass uns fotografieren wie sie leben. Den Sessel, die Essecke, die Küche. Das Laub auf dem Boden ihrer Einfahrt im Herbst. Wir produzieren etwas mit Wert, wenn sie uns eines Tages erinnern.

>>Eine Zeitkapsel, für alles was danach kommt<<


Auch Videos können ein toller Weg sein, etwas zu bewahren. Wir speichern die Bewegung, das Leben, die Klänge einer Situation. Es gibt ein Video einer Hochzeit in Norditalien. Es war einer der idyllischsten Tage meines Lebens. Mit dem Handy in der Hand spaziere ich durch die Location, es fliegt ein blauer Falter vorbei, der Bach murmelt leise vor sich hin, die Blätter an den Bäumen rascheln unaufgeregt in der goldenen Abendsonne. Eine Erinnerung, die ich nur mit meinem Kopf nicht hätte bunter bewahren können.

Doch Bilder alleine sind nur ein Teil dieses Effekts. Wir müssen sie drucken, auf Papier bannen, zwischen zwei Buchdeckeln eines Albums konservieren. Ein Rat, den ich immer gerne gebe: Wenn du besondere Bilder zu einem Fotobuch zusammenfasst, dann drucke das Buch zweimal. Einmal zum Anschauen - es darf zerfleddern, vergilben, Fettflecken bekommen und Ecken dürfen umknicken. Und die zweite Version davon lichtdicht verpackt aufbewahrt für eine Zeit in 30 Jahren, in der die Aufnahmen so lebendig bleiben wie am Tag ihres Drucks. Eine Zeitkapsel also, für alles was danach kommt.

Es ist überhaupt nicht kompliziert. Erst hat uns die Digitalisierung alles so einfach gemacht und dann die Smartphones. Wir haben die Kamera immer dabei, in unserer Hosentasche. Nie war es leichter, ein Vermächtnis zu gründen wie heute. Alles was wir tun müssen, ist zu erkennen, wie wichtig sie sind, diese Szenen des Alltags, diese Situationen, die uns jetzt noch so selbstverständlich erscheinen.


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